Samstag, 15. Mai 2010

Fall Amina: Ganze Familie flieht

Schulverweigerer gehen ins Ausland

(...) Kürzlich stand die Familie wegen Amina noch einmal vor Gericht (die NN berichteten). Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in Ansbach ging es um die seinerzeit wegen Amina entstandenen Heimkosten. Das Jugendamt ist am Ende darauf sitzen geblieben. Das Gericht attestierte der Behörde bei der Einweisung Aminas eine »gewisse Ratlosigkeit« und eine Orientierung mehr an Vermutungen denn an Fakten. (...)

(...) Bei Manfred Schreiner, dem früheren Leiter des Nürnberger Volksschulamtes, hat dagegen ein Umdenken eingesetzt. Er ist seit einem Jahr in Pension. »Ich bin in der Frage Homeschooling vom Saulus zum Paulus geworden«, erklärt er der Lokalredaktion. Ein Damaskus-Erlebnis hatte er nicht, »ich habe mich nur in die Materie vertieft.« Er selbst zählte früher zu den »Hardlinern«, wie er bekennt. (...)

(...) In der Metropolregion gibt es heute Beispiele, in denen die Behörden diese Bildungsform mehr oder weniger offen dulden. Die Schulbehörden wissen Bescheid, setzen aber nicht den ihnen zur Verfügung stehenden Straf-Apparat in Bewegung. Sie nehmen davon Abstand, sobald sie sich ein Bild von den Familien gemacht haben. Manfred Schreiner - er ist bis heute im Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) auf Landesebene aktiv - genügt es nun nicht mehr, nur diese »Grauzone« aufrechtzuerhalten. »Es ist ein Fehler, solche Familien in einen Topf mit notorischen Schulschwänzern aus sozial verwahrlosten Verhältnissen zu werfen«, meint er.

Wissenschaftliche Untersuchungen hätten belegt, dass das Leistungsniveau von Homeschooling-Kindern »sehr hoch« ist. Die Familien seien bildungsbeflissen, meist relativ wohlhabend, in Vereinen aktiv und in einem Bildungsnetzwerk miteinander verbunden. »Heute würde ich solche Fälle im Dialog klären«, betonte der erfahrene Schulmann, »da muss man keinen rechtlichen Prinzipien-Streit anzetteln.« (...)

(...) Auf die gesetzliche Schulpflicht will auch Schreiner nicht verzichten, er könnte sich aber eine Initiative im Landtag vorstellen, die es per Verordnung erlaubt, diese Pflicht auch außerhalb staatlicher Schulen zu Hause bei regelmäßigen Leistungstests der Kinder und Betreuung durch eine Schule abzuleisten. »Das österreichische Modell finde ich ganz gut.«

Schreiner erteilt derzeit selbst eine Art Hausunterricht. Er hilft seinen Enkelkindern. »Wenn ich mitkriege, welchem Druck die schon ausgesetzt sind, könnte ich fast zum überzeugten Homeschooling-Großvater werden. (...)

http://www.nn-online.de/artikel.asp?art=1224604&kat=10

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