In Österreich misstrauen immer mehr Eltern dem Bildungssystem und unterrichten ihre Kinder zu Hause. Das liberale Konzept ist umstritten – und lockt mittlerweile Widerständler aus Deutschland an (...)
(...) Die Institution Schule finde ich deshalb so schlimm, weil man nichts auswählen kann«, sagt die 36-Jährige, »weil alle Kinder zur selben Zeit dasselbe können müssen.« (...)
(...) Seit den Zeiten der Kaiserin Maria Theresia gilt zwar die allgemeine Schulpflicht in Österreich, doch genau genommen besteht nur Bildungspflicht. Wer sein Kind keiner Schule überlassen will, kann diesem Gebot durch häuslichen Unterricht nachkommen, sofern der zuständige Landesschulrat die Ausbildung als gleichwertig beurteilt. Eltern mit Matura fällt der entsprechende Befähigungsnachweis meist leicht. Wie viele Kinder ausschließlich zu Hause büffeln, ist den Behörden allerdings nicht bekannt. Im Unterrichtsministerium gibt es keine genauen Zahlen. Allein in Wien, Niederösterreich, der Steiermark und Oberösterreich werden, laut Angaben der Landesschulräte, mehr als 500 Kinder in den eigenen vier Wänden unterrichtet. Im ganzen Land dürften es beinahe 1000 sein. (...)
(...) Ein Jahr lang ging Lisa zur Schule, dann war Schluss mit »Bulimie-Lernen«, wie ihre Muter den Regelunterricht nennt: »Drei Tage lang sollen die Kinder alles Wissen reinfressen, und bei der Schularbeit kotzen sie es wieder raus.« Lisa lerne heute selbstständig, manchmal einige Tage lang scheinbar nichts, dann wieder schaffe sie in wenigen Wochen mit einer Lernsoftware den Jahresstoff in Englisch.(...)
(...) Einmal im Jahr prüft der Staat diese Qualitäten ab. Die Verweigerer müssen eine Externisten-Prüfung an einer öffentlichen Schule absolvieren. Statt mit reinen Knock-out-Prüfungen das Leistungsniveau abzutesten, wollen die Gutachter dem Kind dabei ein Forum geben, sein Wissen über mehrere Tage verteilt zu präsentieren: in den Schularbeitsfächern schriftlich, sonst durch Gespräche. Wer durchfällt, was selten vorkommt, muss das Jahr jedoch an einer öffentlichen Schule wiederholen. »Unsere Tochter kennt keinen Notendruck. Gleichwertig heißt für uns ausreichend«, meint Joya Marschnig zur gesetzlichen Vorgabe. »Wenn sie bei der Lisa überall Genügend reinschrieben, wäre mir das am liebsten.« (...)
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